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Der Beschuldigte im Strafverfahren: Rechte, Verteidigung und Bedeutung der Aktenkenntnis

Ein umfassender Leitfaden zur Rolle des Beschuldigten im Justizsystem

Definition und Stellung des Beschuldigten

Die rechtliche Position einer Person im Fokus der Ermittlungen

Als Beschuldigten bezeichnet man einen Verdächtigen, sobald er auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben und zur Aufklärung dieses konkreten Verdachtes Beweise aufgenommen oder Ermittlungsmaßnahmen angeordnet oder durchgeführt werden.
Im Unterschied dazu ist ein Verdächtiger jede Person, gegen die aufgrund eines Anfangsverdachts ermittelt wird, also wo ein konkreter Verdacht noch nicht vorliegt. Sobald die Staatsanwaltschaft Anklage eingebracht hat, wird aus dem Beschuldigten ein Angeklagter.

Grundlegende Rechte des Beschuldigten

Wie das Gesetz die Interessen der Beschuldigten schützt

Der Umstand in einem Ermittlungsverfahren als Beschuldiger geführt zu werden führt zu zahlreichen Rechten, die ein wesentlicher Bestandteil des modernen Rechtsstaats sind. Es handelt sich dabei um fundamentale Rechte, die dazu dienen sollen, einem Beschuldigten ein rechtsstaatlichen Verfahren zu sichern und vor überbordenden Eingriffen zu schützen, bzw. sich dagegen zur Wehr setzen zu können.
Gemäß § 49 StPO hat der Beschuldigte insbesondere das Recht,
  • vom Gegenstand des gegen ihn bestehenden Verdachts sowie über seine wesentlichen Rechte im Verfahren informiert zu werden,
  • einen Verteidiger zu wählen und einen Verfahrenshilfeverteidiger zu erhalten,
  • Akteneinsicht zu nehmen,
  • sich zum Vorwurf zu äußern oder nicht auszusagen sowie mit einem Verteidiger Kontakt aufzunehmen und sich mit ihm zu besprechen,
  • einen Verteidiger seiner Vernehmung beizuziehen,
  • die Aufnahme von Beweisen zu beantragen,
  • Einspruch wegen der Verletzung eines subjektiven Rechts zu erheben,
  • Beschwerde gegen die gerichtliche Bewilligung von Zwangsmitteln zu erheben,
  • die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zu beantragen,
  • an der Hauptverhandlung, an einer kontradiktorischen Vernehmung von Zeugen und Mitbeschuldigten und an einer Tatrekonstruktion teilzunehmen,
  • Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zu erheben,
  • Übersetzungshilfe zu erhalten.
     
Der Beschuldigte hat aber auch das Recht, dass Opfern, Privatbeteiligten oder Privatanklägern Akteneinsicht nur insoweit gewährt wird, als dies zur Wahrung ihrer Interessen erforderlich ist.

Die Bedeutung der anwaltlichen Verteidigung

Warum ein erfahrener Verteidiger entscheidend ist

Eines der wesentlichen Rechte eines Beschuldigten ist die Bevollmächtigung eines Verteidigers.

Der Beschuldigte hat das Recht in jedem Stadium des Verfahrens einen Verteidiger zu beauftragen.
Wie Sie unter dem Punkt "Grundlegende Rechte des Beschuldigten" sehen können, hat der Beschuldigte eine große Anzahl an Rechten. Oftmals ist ein Beschuldigter das erste Mal mit einer polizeilichen Ermittlung konfrontiert und dementsprechend nervös und überfordert. Darüber hinaus sind die im § 49 StPO genannten Rechte vielen Menschen, die noch nie mit dem Gesetz in Konflikt kamen, überhaupt nicht geläufig und erfolgt nur in wenigen Fällen eine nähere, für den Beschuldigten verständliche Erklärung durch die einschreitenden Beamten.

Genau da kommt der Verteidiger ins Spiel. Um eine für den Beschuldigten bestmögliche Aussage im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung erzielen zu können, ist wesentliche Voraussetzung die genaue Kenntnis des gegen den Beschuldigten gehegten Verdachtes. Darüber hinaus ist unumgänglich vor einer anstehenden Aussage den genauen Akteninhalt zu kennen.

Die Wichtigkeit genauer Aktenkenntnis

Wie detaillierte Informationen über den Fall den Unterschied machen können

Ohne die genaue Kenntnis des Aktes und des gegen den Beschuldigten gerichteten Vorwurf besteht die Möglichkeit, dass Sie als Beschuldigter mehr sagen oder zugeben als notwendig ist und damit das Ermittlungsverfahren gegen Sie sogar noch ausgeweitet wird. Dies geschieht oftmals auch durch geschickte Fragetechniken, ohne dass Ihnen auffällt.
HINWEIS:
Vergessen Sie nie, eine einmal getätigte Aussage ohne Beiziehung eines Rechtsanwaltes gilt für die Behörden als authentisch und ist so gut wie nicht mehr bzw. nur sehr schwer wieder zu relativieren.

Der Vernehmungsprozess

Wie Beschuldigte im Rahmen von Befragungen behandelt werden

Wird ein Beschuldigter, der noch keinen Verteidiger hat, festgenommen oder zur sofortigen Vernehmung vorgeführt, so ist ihm vor der Vernehmung Gelegenheit zu geben, einen Verteidiger zu verständigen, beizuziehen und zu bevollmächtigen, es sei denn, Sie verzichten darauf. Machen Sie von Ihrem Recht Gebrauch, ist jedenfalls mit der Einvernahme auf das Eintreffen des Verteidigers zu warten.
Der Kontakt mit einem Verteidiger darf u.U. bis zur Einlieferung des Beschuldigten in die Justizanstalt auf das für die Erteilung der Vollmacht und eine allgemeine Rechtsauskunft notwendige Ausmaß beschränkt werden, soweit aufgrund besonderer Umstände eine sofortige Vernehmung oder andere unverzügliche Ermittlungen unbedingt notwendig erscheinen, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Ermittlungen oder von Beweismitteln abzuwenden. In diesem Fall ist dem Beschuldigen binnen 24 Stunden eine schriftliche Begründung der Kriminalpolizei für diese Beschränkung zuzustellen.

Der Beschuldigte hat das Recht sich mit einem Verteidiger ohne Überwachung zu besprechen.

HINWEIS:
Machen Sie von Ihrem Recht auf Beiziehung eines Verteidigers Gebrauch und gehen Sie kein unnötiges Risiko ein!

Zum an diese Stelle gehörenden Punkt „rechtsanwaltschaftlicher Bereitschaftsdienst“ wird aufgrund der besonderen Wichtigkeit ein eigener Blogeintrag erfolgen. Vor Beginn der Vernehmung ist sicherzustellen, dass der Beschuldigte der deutschen Sprache mächtig ist, ansonsten ist eine Übersetzungshilfe erforderlich.

Sodann ist dem Beschuldigten, wie oben bereits dargelegt, mitzuteilen, welcher Tat er verdächtig ist. Im Anschluss daran muss der Beschuldigte darüber informiert werden, dass er berechtigt ist, sich zur Sache zu äußern oder nicht auszusagen und sich mit einem Verteidiger (siehe "Die Bedeutung der anwaltlichen Verteidigung") zu beraten.

Zu Beginn der Vernehmung ist der Beschuldigte über seine persönlichen Verhältnisse zu befragen, dazu gehören zum Beispiel, Fragen nach den Namen seiner Eltern, Sorgepflichten, Einkommen, Vermögen oder Schulden. Im Anschluss daran ist dem Beschuldigten die Gelegenheit zu geben, sich in einer zusammenhängenden Darstellung zu dem gegen ihn verhobenen Tatvorwurf zu äußern.

Dem Beschuldigten dürfen [von der Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft] weder Versprechungen noch Drohungen oder Zwangsmittel angedroht werden, um ihn zu einem Geständnis oder zu anderen Angaben zu bewegen. Selbstverständlich darf auch ein kein Eingriff in die körperliche Integrität des Beschuldigten erfolgen. Darüber hinaus müssen die an den Beschuldigten gestellten Fragen deutlich und klar verständlich und weder unbestimmt noch mehrdeutig oder verfänglich sein. Über die Vernehmung ist ein Protokoll anzufertigen.

HINWEIS:
Sollten Sie eine Frage nicht verstanden haben, bitte ersuchen Sie um Aufklärung. Lesen Sie das Protokoll vor der Unterfertigung durch und sollten Sie etwas finden, dass Sie so nicht sagten, melden Sie das und bestehen Sie auf Korrektur!
Gesetzliche Grundlagen:

Falls Sie rechtliche Beratung zu diesem oder einem anderen Thema benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

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