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Die Untersuchungshaft: Wann ist sie zulässig und welche Haftgründe gibt es?

Grundlagen der Untersuchungshaft und ihre Anwendung im Rechtssystem

Die Untersuchungshaft

Wann ist die Untersuchungshaft zulässig?

Grundsätzlich gilt, dass die Verhängung der Untersuchungshaft nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft und nur dann, wenn der Beschuldigte einer bestimmten Straftat dringend verdächtig ist, vom Gericht zur Sache vernommen wurde und ein Haftgrund vorliegt.

Keinesfalls darf die Untersuchungshaft verhängt werden, wenn sie zur Bedeutung der Sache oder zur erwartenden Strafe außer Verhältnis steht oder der Zweck auch durch gelindere Mittel erreicht werden kann.

Haftgründe gemäß § 173 Abs 2 StPO

Übersicht und Erläuterung der verschiedenen Haftgründe

Ein Haftgrund liegt gemäß § 173 Abs 2 StPO vor, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde auf freiem Fuß
  • wegen Art und Ausmaß der ihm voraussichtlich bevorstehenden Strafe oder aus anderen Gründen flüchten oder sich verborgen halten,
  • Zeugen, Sachverständige oder Mitbeschuldigte zu beeinflussen, Spuren der Tat zu beseitigen oder sonst die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren versuchen,
  • ungeachtet des wegen einer mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftat gegen ihn geführten Strafverfahrens
    • eine strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete Straftat mit schweren Folgen,
    • eine strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete strafbare Handlung, wenn er entweder wegen einer solchen Straftat bereits verurteilt worden ist oder wenn ihm nunmehr wiederholte oder fortgesetzte Handlungen angelastet werden,
    • eine strafbare Handlung mit einer Strafdrohung von mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe begehen, die ebenso wie die ihm angelastete strafbare Handlung gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die Straftaten, derentwegen er bereits zweimal verurteilt worden ist, oder
    • die ihm angelastete versuchte oder angedrohte Tat (§ 74 Abs. 1 Z 5 StGB) ausführen
       
  • Zusammenfassend und vereinfacht dargestellt kommen folgende Haftgründe in Betracht:
    • Fluchtgefahr
    • Verdunkelungsgefahr
    • Wiederholungs- oder Ausführungsgefahr

Einschränkungen bei der Anordnung der Untersuchungshaft

Bedingungen, unter denen Untersuchungshaft nicht zulässig ist

Die Untersuchungshaft darf nicht verhängt, aufrecht erhalten oder fortgesetzt werden wenn der Haftzweck auch durch eine gleichzeitige Strafhaft (z.B. während Sie in Strafhaft sind, wird ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet oder geführt) oder Haft anderer Art (z.B. Ersatzfreiheitsstrafe bei Nichtbezahlung von verhängten Geldstrafen) oder durch gelindere Mittel erreich werden kann.

Gelindere Mittel als Alternative zur Untersuchungshaft

Anwendbare Maßnahmen zur Sicherung des Ermittlungsverfahrens und Prävention weiterer Straftaten

Gelindere Mittel sind gemäß § 173 Abs 5 StPO Maßnahmen die anstatt einer Untersuchungshaft zur Anwendung kommen und den Zweck verfolgen, den Beschuldigten von der Vereitelung des Ermittlungsverfahrens oder der Begehung weiterer Straftagen abzuhalten.
Als gelindere Mittel kommen in Betracht:
  • Gelöbnis, nicht zu fliehen oder das Ermittlungsverfahren zu erschweren;
  • Gelöbnis jeden Kontakt mit dem Opfer zu unterlassen, oder eine bestimmte Wohnung oder eine bestimmte Örtlichkeit nicht zu betreten;
  • Weisung, an einem bestimmten Ort, bei einer bestimmten Familie zu wohnen oder eine bestimmte Wohnung oder bestimmte Orte zu meiden. Möglich ist auch eine Weisung sich dem Alkoholkonsum oder anderer Suchtmittel zu enthalten oder einer geregelten Arbeit nachzugehen;
  • Weisung sich regelmäßig bei der Kriminalpolizei zu melden oder den Wechsel des Aufenthaltsortes bekanntzugeben;
  • Vorübergehende Abnahme von Reisedokumenten oder Führerscheinen;
  • Vorläufige Bewährungshilfe nach § 179 StPO;
  • Leistung einer Sicherheit nach § 180 und 181 StPO;
  • Mit Zustimmung des Beschuldigten kann auch die Weisung erteilt werden, sich einer Entwöhnungsbehandlung oder einer sonstigen medizinischen Behandlung oder einer Psychotherapie (§ 51 Abs 3 StGB) oder einer gesundheitsbezogenen Maßnahme (§11 Abs 2 StGB) zu unterziehen;

Ablauf und Entscheidung bei der Verhängung der Untersuchungshaft

Rechte und Fristen im Zusammenhang mit der Anordnung der Untersuchungshaft

Im Falle der Einlieferung in die Justizanstalt – wir erinnern uns, diese muss binnen 48 Stunden nach der Festnahme durch die Kriminalpolizei erfolgen – ist der Beschuldigte vom Gericht unverzüglich zu vernehmen und hat das Gericht binnen weiterer 48 Stunden nach der Einlieferung zu entscheiden, ob der Beschuldigte, allenfalls unter Anwendung gelinderter Mittel (siehe oben Punkt 4.) freigelassen oder ob die Untersuchungshaft verhängt wird.

Achtung!
Sie haben jedenfalls das Recht, dass Ihr Verteidiger bei der Verhängung der Untersuchungshaft anwesend ist und an der Verhandlung teilnimmt.
Sollte das Gericht die Untersuchungshaft (vgl. § 174 StPO) verhängen, so hat es dies sofort mündlich zu verkünden. Die Zustellung des Beschlusses an den Beschuldigten ist binnen 24 Stunden zu veranlassen und unverzüglich eine Ausfertigung der Staatsanwaltschaft, dem Verteidiger, der Justizanstalt und einem gegebenenfalls bestellten Bewährungshelfer zu übermitteln. Gegen diesen Beschluss kann binnen 3 Tagen nach Verkündung eine Beschwerde an das zuständige Oberlandesgericht eingebracht werden.

Haftfristen und Überprüfung der Untersuchungshaft

Fristgebundene Haftverhandlungen und Voraussetzungen für die Verlängerung der Untersuchungshaft

Grundsätzlich ist die Untersuchungshaft bzw. der Verhängung oder Fortsetzung an bestimmte Fristen gebunden. Vor Ablauf dieser Frist ist eine Haftverhandlung durchzuführen, in der die Voraussetzungen für die Verlängerung der Untersuchungshaft im Beisein von Staatsanwaltschaft, Beschuldigten und Verteidiger geprüft werden.
Sollte sich dabei herausstellen, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der Untersuchungshaft nicht mehr gegeben sind, ist der Beschuldigte freizulassen. Dies kann auch auf Antrag der Staatsanwaltschaft erfolgen, sollte sie der Meinung sein, dass die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.

Die Haftfrist beträgt:
  • 14 Tage ab Verhängung der Untersuchungshaft
  • einen Monat ab erstmaliger Fortsetzung der Untersuchungshaft
  • zwei Monate ab weiterer Fortsetzung der Untersuchungshaft

Maximale Dauer der Untersuchungshaft

Unterschiedliche Obergrenzen abhängig von der Schwere des Verdachts

Die Untersuchungshaft darf im Falle, wenn der Beschuldigte nur aus dem Grund der Verdunkelungsgefahr festgenommen wurde, 2 Monate nicht übersteigen.
Wurde der Beschuldigte wegen des Verdachtes eines Vergehens (strafbare Handlungen bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe) in Untersuchungshaft genommen, darf diese nicht länger als 6 Monate andauern, im Falle des Verdachtes eines Verbrechens (strafbare Handlungen die mit mehr als 3 Jahren Freiheitsstrafen bedroht sind) nicht länger als 1 Jahr andauern und 2 Jahre, sollte der Verdacht eines Verbrechens, das mit einer 5 Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, gegeben sein.

Falls Sie rechtliche Beratung zu diesem oder einem anderen Thema benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

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